Pro Bahn Bundesverbandstag vom 20. bis 22. Mai 2022 in Wuppertal

Der Bundesverbandstag begann am Freitag Nachmittag mit einer Wasserstoffbus-Sonderfahrt und Besichtigung des Betriebshofes der Stadtwerke und endete mit Fahrt auf Schwebebahn und Obus.

Redner am Festabend war Dr. Skoll von der Bundesbahnhauptverwaltung, der in vielen Einzelbeispielen den Nachholbedarf im Netz- und Knotenpunktausbau eindrucksvoll schilderte, damit die DB ihren politischen Auftrag als klimafreundliches Verkehrsmittel bis 2030 doppelt so viele Personen wie aktuell befördern kann. Ziel ist eine starke Schiene, um die Begrenzung der Erderwärmung durch Verlagerungen von der Straße auf die Schien im Personen, wie im Güterverkehr zu erreichen.

Der Bundesverbandstag hegt allerdings Zweifel daran, dass die Ziele einer „starken Schiene“ auch ernsthaft verfolgt werden und forderte in einer Resolution die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertag gemachte Zielsetzung „erheblich mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren“.

Der Ehrenvorsitzende K.-P. Naumann machte noch auf eine Ungerechtigkeit bezüglich der 9-Euro-Ticket-Aktion aufmerksam. Die Fernpendler, die auf ICE/IC angewiesen sind, sowie BC-100-Inhaber, gehen leer aus. Im Gegensatz dazu profitieren Autofahrer generell vom Tankrabatt, ob sie Autobahn oder Landstraße fahren.

Wie dringend notwendig Netz- und Knotenausbau sind, konnte ich als einer der 50 Delegierten schon auf der Hinfahrt deutlich spüren. Nicht nur der überaus starke Reisendenandrang verlängerte die Fahrgastwechselzeiten, sondern zu allem Übel mussten die ICE Köln-Wuppertal (- Berlin) wegen vorausgegangenem Unwetter bis in die Abendstunden über Dortmund umgeleitet werden. + 90 Minuten war bei mir die Folge.

Mit der + 5 verspäteten S 31 fing die Reise an. Der ICE nach Köln hatte (glücklicherweise) in Karlsruhe + 7, die bis kurz vor Mannheim-Containerbahnhof eingeholt waren. Dann war Schleichfahrt angesagt, weil das geplante Einfahrtgleis belegt war. In Mannheim führen in den ersten drei Maiwochen nur 45% der Züge planmässig (Spiegel 04.06.22). Auf der Strecke nach Frankfurt-Flughafen fielen diverse Geschwindigkeitseinbrüche auf, zwischen 110 und 180 km/h, die der über 150 Jahre alten Trassierung geschuldet sind. In Biblis kann eine lang gestreckte Kurve nur mit 80 km/h befahren werden. Eine NBS ist zwar seit Mehrdorns Zeiten in Planung, aber tun tut sich sehr wenig. Vor Frankfurt-Flughafen das gleiche Spiel wie in Mannheim, Schleichfahrt. Mit den 299 km/h auf der SFS nach Köln konnten die +20 leider nicht eingeholt werden. Der Anschluss war weg.

Der Fahrkomfort bei „299“ entsprach gefühlt dem der Wuppertaler Schwebebahn mit „30“.

Umsteigen in Köln

Das Umsteingen gestaltet sich für den Ungeübten etwas schwierig, weil von ein und demselben Gleis jeweils immer zwei Züge abfahren, Man muss nicht nur auf die Gleisnummer achten sondern auch auf den Abschnitt. Es kommt also vor, das infolge von Verspätungen der Zug statt im Abschnitt A bis C im Abschnitt D bis G abfährt.

Das blüht uns auch bei S 21 mit der Doppelbelegung der Gleise.

Der Wasserstoffbus

Die EU „Clean Vehicles Direktive“ zwingt bis Ende 2025 die Verkehrsunternehmen 45% der zu beschaffenden Fahrzeuge je zur Hälfte als „saubere“ und „emissionsfreie“ Fahrzeuge einzusetzen.Die Stadtwerke Wuppertal (WSW) betreiben daher 10 Wasserstoffbusse vom Typ van Hool, 10 weitere sind bestellt bei Solaris. Manche PKW –Fahrer meinen, wenn statt Vergaserkraftstoff Wasserstoff getankt werden würde, dann sei dem Klimaschutz genüge getan. Aber ganz so einfach ist es nicht. Einmal ist Wasserstoff (H2) ein hoch flüchtiges, energiearmes und explosives Gas, das extra Tankstellen braucht wo es bei minus 285°C mit 350 Atü verdichtet werden muss. Das, und die Produktion von H2 kostet viel elektrische Energie. Die WSW haben allerdings bezüglich der Stromgewinnung bisher ungenutzte Abwärme aus einem Müllheizkraftwerk zur Verfügung. Insgesamt stellt sich für die WSW der H2-Bus gleich wirtschaftlich gegenüber dem Dieselbus dar, aber eben klimafreundlicher und mit hohem, ruckfreiem Fahrkomfort.

Dem Grunde nach handelt es sich um einen E-Bus, der über eine Pufferbatterie gespeist wird. Die Batterie ist notwendig, da die Brennstoffzellen nur kontinuierlich arbeiten, aber beim Beschleunigen eine grössere Energiemenge benötigt wird. Bremsenergie kann in die Batterie zurück gespeist werden. Die Wassrstofftanks befinden sich auf dem Dach und fassen 38,5 kg H2. Damit wird eine Reichweite von rund 400 km erreicht, doppelt so viel wie beim batterieelektrischen Bus. Allerdings wird durch die zweimalige Energieumwandlung so viel Strom verbraucht, dass der Wirkungsgrad eines H2-Busses nur 22 % entspricht, im Gegensatz dazu hat der rein batterieelektrische Bus einen Wirkungsgrad von 73%; der Dieselbus mit synthetischem Kraftstoff betrieben hat 13 %. Der Wirkungsgrad des Obus mit Hilfsbatterie dürfte bei 80 % liegen, da der aufgenommene Strom direkt für den Antrieb genutzt wird. Siehe auch “Der Fahrgast“ Nr. 2/2022: Alternative Antriebsformen.

Die Schwebebahn

Die eigentlich gar keine ist, sondern eine Einschienenhängebahn, für die die BO-Strab gilt. Seit 1901 auf Teilstrecke, seit 1903 auf ganzer Linie, verkehrt sie zwischen Oberbarmen und Vohwinkel auf 13,3 Km. Zumeist über der Wupper, in Vohwinkel über der Straße. 24 Mio. Fahrgäste vertrauen sich ihr pro Jahr an. Die zugelassene Streckengeschwindigkeit beträgt 65 km/h, derzeit aber dürfen die Wagen der neuesten Generation GTW15 konstruktionsbedingt nur mit 40 fahren. Der Takt beträgt in der HVZ 2 Minuten, am Sonntag 6. Die Zugsicherung erfolgt durch ECTS.

Die Einrichtungs-Gelenktriebwagen GTW15 haben ein Fassungsvermögen von 42 Sitz- und 88 Steh-
Plätzen, zusammen 130. Seit Dezember 2016 in Betrieb. Ein leichtes Schaukeln
erinnert an den ICE bei 299 km/h.

Durch die Abschaffung der Straßenbahnen bis Mai 1987 konnten die Gleiskörper in wertvolle Grünbiotobe verwandelt werden, wie hier in der Nähe der Haltestelle „Kluse“. Bereits 1972 waren 26 Obusstreckenkilometer Geschichte. Einstmals gab es 175 km schmal- und normalspurige Straßenbahnstrecken und eine Zahnradbahn. Ein Rest ist noch in Kohlfurt, wo die Autos nicht gestört werden, als Museumsbahn erhalten.

Die Wupper ist vergleichbar mit der Pfinz in Durlach

Der BOB – Bus

In Vohwinkel trifft der Obus statt der guten alten Straßenbahn seit Oktober 1958 auf die Schwebebahn, seit neuestem als Batterieobus (BOB). Das Obusnetz in Solingen ist 56,6 km lang und wird mit 60 Obussen unter 600 V DC Fahrleitung betrieben. Zukünftig wollen die SWS nur noch Batterie-Obusse (BOB) beschaffen. Die Batterien werden im Oberleitungsbetrieb mit Frischstrom oder Bremsstrom (Streckenlader) aufgeladen und haben ohne Fahrleitung eine Reichweite von 20 km. Kurze Seitenlinien, die bisher mit Diesel befahren wurden, können somit auch klimafreundlich voll elektrisch bedient werden. Esslingen baut nach dem gleichen Prinzip sein Busnetz ebenfalls vollelektrisch aus und verlängert dafür das Fahrleitungsnetz.

Obus 954 mit Hilfsdiesel Hst. „Schwebebahn“ 100 m abseits und bergauf

Seit 2014 ist die Obuslinie 683 auf Hin- und Rückfahrt entsprechend dem roten Streckenverlauf zum Bf. Vohwinkel DB um rund 400 m ab der ehemaligen Endhaltestelle verlängert. Die blaue 360 m lange Strecke in der Gräfenratherstraße wird nicht mehr befahren. Die Fahrleitung hängt noch einspurig entsprechend der alten Linienführung. In Richtung Bf Vohwinkel DB werden an der Hst. Rubensstraße die Stromabnehmer abgezogen und mit Hilfsdiesel oder Batterie gefahren. In Richtung Solingen wird an der Hst Schwebebahn angedrahtet, die rund 100m von der Schwebebahnstation entfernt ist. Vor der Schwebebahnstation gibt es für PKW Haltemöglichkeiten, nicht aber für den Obus. Unkundige Fahrgäste müssen die Abfahrtstelle nach Solingen suchen und rund 100 m bergauf laufen. Eine Wartehalle gibt es natürlich auch nicht. Hier hat der Service ein erhebliches Defizit.

Die Obusse Nr. 951 bis 965 sind vom Typ „Swisstrolley 3“, mit 15 Fahrzeugen des Baujahres 2009 im Einsatz und sind mit knatterndem Hilfsdiesel ausgerüstet.
Erstes Modell einer neuen Solaris-Serie ist BOB Nr 201, der Ende 2021 ausgeliefert wurde.

BOB Nr. 201 biegt mit abgezogenen Stromabnehmern aus der Rubensstraße kommend vor der Schwebebahnstation in die Vohwinkler Straße ein. Die Haltestelle „Schwebebahn“ befindet sich um die Ecke links.

Der BOB 201 im Batteriebetrieb auf der Fahrt zum Bf Vohwinkel DB. An der Kreuzung (heller PKW) fuhren die Obusse rechts ab nach Solingen. Jetzt fahren die links ab zum Bf Vohwinkel DB. Schwach zu erkennen, die ungenutzte Oberleitung.

Als Außenstehender ist es mir nicht begreiflich, dass das Fahrleitungsnetz nicht der seit 2014 bestehenden Linienführung angepasst und dass direkt vor dem Schwebebahnhof keine Haltestelle für den Obus nach Solingen eingerichtet worden ist.

Ullrich Müller mit erstem Bundesvorstand Detlev Neuss

Durlach, 06.06.2022