Kaiserstraße ohne Platanen oder: Wer mit den Wölfen heult
Im Februar 2009 kam es in der Kaiserstraße und auf dem Berliner Platz als vorbereitende Massnahmen zum Bau des Straßenbahntunnels zu ersten Baumfällaktionen, die von den Grünen, BUND und FW kritisiert wurden. (ka-news: „Erste Opfer der Kombilösung: "Bäume wird es hier keine mehr geben"“ vom 26. Februar 2009 und „Freie Wähler sind "entsetzt" über das Fällen der Platane am Berliner Platz” vom 19. März 2009).
2010 lobte die Verwaltung einen Umgestaltungswettbewerb für die Kaiserstraße aus – „unter weitestgehender Erhaltung der Platanen“. Statt der Fahrleitung sollten jetzt Hängeleuchten die Kaiserstraße in ein heimeliges Licht tauchen, hauptsächlich beleuchtet durch die Schaufenster.
Dem Planern nach – oder auch der Verwaltung nach – sollten die Platanen kleineren Zürgelbäumlein weichen. Die nicht ganz einleuchtenden Begründungen kennen wir.
2015 wurde die Planung in drei Veranstaltungen der Öffentlichkeit vorgestellt. Allgemeine Kritik am Ersatz der Platanen gab es nicht. Selbstverständlich wurden nur auf Nachfrage Umbaukosten von ca. 40 Mio genannt. Das hatte das Publikum nicht interessiert. Nach dem Trugschluss: „Das muss ja ich nicht bezahlen.“.
Am 30.06.2015 beauftragte der Gemeinderat EINSTIMMIG den Auftrag zur Umbauplanung an das Büro Mettler für fast eine Mio. Euro. Die Fraktonsvorsitzende der Grünen gab zu Protokoll: „Wir stimmen auch zu“.
Friedemann Kalbach (FÜR Karlsruhe) merkte an: „Wir haben einen wunderschönen Klimarahmenplan verabschiedet. Wenn man den anlegt an die Neugestaltung der Kaiserstraße, habe ich das Empfinden, dass die Kaiserstraße durchfallen würde.“ Trotzdem stimmte er zu.
Jürgen Wenzel (FW) als ehemaliger Kombi-Gegner-Aktivist schwieg, wie auch die anderen Ratsmitglieder. Keine Fragen nach den Kosten, keine Fragen nach der Umbaudauer, keine Fragen nach den Auswirkungen auf das Klima, nichts.
Der Verwaltung nach könne ein neuer Pflasterbelag nur hergestellt werden, wenn die Platanen fallen. Das ist natürlich Nonsens, denn wenn die Gleise ausgebaut werden, dann muss die Entwässerung unter Berücksichtigung der Platanenstandorte neu geplant werden, d.h. das Quergefälle. muss so geändert werden, dass der Gleisbereich, der jetzt durch die Schienenrillen entwässert wird, mit entwässert werden kann
Ein auf Vermutungen basierendes Gutachten, denn zu diesem Zeitpunkt war noch nicht sicher bekannt, dass die Platanen in Betonringen gepflanzt wurden und es daher überhaupt keine Wurzelausbreitung geben kann. Erst wenn durch Suchschachtung sichergestellt ist, in wieweit sich die Wurzel ausbreiten und an welchen Stellen die neuen Leitungen verlegt werden, d.h. kommen die überhaupt mit den Platanen in Berührung, kann über die Fällung entschieden werden. Die Entscheidung hätte erst auf tatsachenbasierter tatsächlicher Wurzelausbreitungen und Offenlegung der Kanalverlegungspläne getroffen werden dürfen. So hat der Gemeinderat eine wohlfeile Entscheidung nach dem Willen des OB getroffen, die auf Mutmaßungen basiert. Demokratisch höchst zweifelhaft.
Wenn allerdings die Verwaltung bei ihrem Argument wie oben erwähnt festhält, dann müssen die Platanenschützer gegen die Ausweisung des Sanierungsgebietes stimmen. Außerdem gab es in der mittleren Kaiserstraße überhaupt keine Bautätigkeiten! Es gibt dort keinen technischen Grund, eine intakte Straße umzubauen. In diesem Fall müsste überlegt werden, ob hier nicht Subventionserschleichung im Spiel sein könnte, denn das Vorhaben wird ja aus dem Stadtsanierungssprogramm des Landes bezuschusst.
Vielmehr wäre die westliche Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Kaiserplatz samt neuer Haltestelle dringend sanierungsbedürftig.
Durlach, 14.11.2022