Schlossschule & Markgrafengymnasium: Beispiel inkompetenter Kommunalpolitik

2016 stand die Erweiterung/Neubau der Schlossschule zur Disposition und damit nahm das Elend seinen Anfang. Zur selben Zeit muss der Schulverwaltung bekannt gewesen sein, dass  das Markgrafengymnasium mit damals über 900 Schülern aus allen Nähten platzt und vor allem eine Mensa fehlt. Auch die Schule am Turmberg mit 110 Schülern hat seither Sanierungsbedarf. Statt eine gesamthafte und weitsichtige Analyse über den Sanierungs- und Raumbedarf dieser drei Schulen aufzustellen, hatte das Hochbauamt unter Führung des sachkundigen Dezernatsleiters und Juristen Obert in Klein-Klein-Manier ohne Rücksicht auf die historische Altstadt das Schlossschulen-Projekt einem Gestaltungswettbewerb unterworfen. Die  Öffentlichkeit wurde mal wieder erst dann informiert, als alles entschieden war, nach dem Motto: „Schaut her, was wir Schönes für euch haben“.

Der bundesweit renommierte Verein „Stadtbild Deutschland“ hatte damals zusammen mit dem Historischen Verein Durlach vorgeschlagen, statt des die Altstadt verschandelnden Klinkerbaues den ehemaligen Dienerbau zu rekonstruieren, also für die 350 Schüler wieder aufzubauen mit geschätzten Kosten von rund 12 Mio Euro.

Die Ortschaftsräte Günther Malisius (FDP) und Ullrich Müller hatten sich leider erfolglos für diesen Wiederaufbau eingesetzt. Amtshörig hatten sich die übrigen Ortschatsräte, darunter auch Jürgen Wenzel und Zahide Yesil (damals noch bei den Grünen) für den teuren Wettbewerbsentwurf  entschieden. Jetzt umrahmt und entwertet wieder ein an Hässlichkeit nicht zu überbietender Klinkerbau die Karlsburg, die ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung sein soll. 

So bleibt die Schulhausfrage Stückwerk. Eine Gesamtplanung hätte 2019 so aussehen müssen:

Schlossschule Sanierung/Neubau 24,0 Mio
Turmbergschule 10,0 Mio
Erweiterung  Gymnasium   8,0 Mio  
Zusammen 42,0 Mio

Hätte sich die Verwaltung für einen Gymnasiumneubau z.B. auf dem damals der Stadt gehörenden P90 oder Raumfabrik-Areal entschieden, dann hätten die Schlossschüler und Turmbergschüler das alte Markgrafengymnasium beziehen können, die  900 Gymnasiasten hätten einen Neubau mit Mensa für ebenfalls 22 Mio bezogen. Alles wäre im Jahr 2023 erledigt gewesen und 20 Mio eingespart.

Denn für vergleichsweise 21,6 Mio wurde 2019 in Ettlingen die Wilhelm-Roepke-Berufsschule für 900 Schüler eröffnet (BNN 1. Juli 2019). Auf Nachfrage zu den unterschiedlichen Kosten erhielt ich von Ortschafts- und Stadtrat Dirk Müller (CDU) zur Antwort, Gymnasium und Berufsschule könnten wegen der unterschiedlichen Raumprogramme nicht verglichen werden. Aber für die Kostenermittlung ist es uninteressant, wie das Raumprogramm aussieht, weil es den Beton- oder Metallständerwänden egal ist, welche Klassenzimmer sie trennen. Außerdem ist die Wilhelm-Roepke-Berufsschule um fast 2000 qm grösser, hat eine Brutto-Grundfläche von 8.690 qm, die Schlossschule von 6.800 qm und ist Kostenstand 2019 um 2,4 Mio billiger. Wenn die Schlossschule 2024 oder 2025 eröffnet werden wird, werden aus den 24,1 Mio über 30 Mio geworden sein. Wenn Ortschaftsrat Dr. Noé (FDP) nun  der Verwaltung Dampf machen will (BNN 17.02.23), damit schnellstens das Markgrafengymnasium eine Mensa und weitere Schulräume in einem Extrabau bekommt, wäre diese Kraftanstrengung überflüssig gewesen, wenn einmal die Bau- und Schulverwaltungen im Zusammenhang gedacht und der Ortschaftsrat im kritischen Nachfragen geübt wäre. Ein neues Gymnasium auf der „grünen Wiese“ wäre schon längst bezogen und es wären wenigstens 20 Mio., wenn nicht gar 30 Mio. eingespart. So müssen jetzt die Hundehalter mit erhöhter Steuer die kostspieligen Denkfehler der Verwaltung ausgleichen und  die „Markgräfler“ müssen vorerst Dank der Flickschusterei weiterhin mit beengten Raum und ohne Mensa leben. Weitblick sieht etwas anders aus.

Die FWIFÜR-Fraktion macht da leider keine Ausnahme.

(Stand: 26. März 2023)

Denkmalschutz

Statt den 1960er-Jahre-Bau abzubrechen und „auf der grünen Wiese“ ein neues Gymnasium für 1000 Schüler zu bauen, wird die Schlossschule für 350 Schüler aufwändig und teuer (30 Mio.) saniert und erhält eine verklinkerte Fassade. Mitten in der historischen Altstadt. Die Karlsburg als Kururdenkmal von besonderer Bedeutung genießt auch einen erweiterten Schutz des Erscheinugsbildes.

Im Denkmalschutzgesetz § 15(3) ist geregelt, dass bauliche Anlagen in der Umgebung eines eingetragenen Kulturdenkmales  nur [...] errichtet, verändert oder beseitigt werden dürfen, [...] wenn das Vorhaben das Erscheinungsbild des Denkmals nur unerheblich beeinträchtigen würde.

Jeder Laie dürfte klar erkennen, dass durch den Klinkerbau das Erscheinngsbild der Karlsburg erheblich beeinträchtigt ist. Trotzdem hat das Denkmalamt gegen den Neubau keine Einwände gehabt.

Jedem Privaten, der ein denkmalgeschütztes Haus sanieren will, werden dutzende von Auflagen gemacht, was soweit geht, dass auf eine Sanierung verzichtet wird.
Der Historische Verein Durlach hatte vorgeschlagen, statt des beinträchtigenden Klinkerbaues den ursprünglichen „Dienerbau“ zu rekonstrieren. Das wäre jedenfalls billiger gekommen als das jetzige Bauvorhaben.

Das Modell im Pfinzgaumuseum zeigt den ursprünglichen Zustand. Die Marstallstraße (links) wäre breiter geworden und hätte eine großzügige 
Platzwirkung mit Blick auf den Dienerbau, Teil der Karlsburg.

Die Kurzsichtigkeit und die mangelnde Sensibilität des Denkmalschutzes vom Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft (HGW) wie auch des Ortschaftrates haben mit dem Klinkerbau verhindert, die Aufenthaltsqualität der historischen Altstadt aufzuwerten. Das HGW hat zwar mit aller Gewalt und mit der Verwaltungshörigkeit des Ortschaftrates seinen Willen durchgesetzt, aber zum Schaden des Stadtbildes und der Bevölkerung.

Aktualisiert: 10. Mai 24